Für die Idee eines digitalen und pfandlosen Mehrwegsystems für Essensverpackungen wurde VYTAL mit dem Wissenschaftspreis 2020 der EHI Stiftung und GS1 Germany ausgezeichnet. Bildquelle: VYTAL

 

Das Kölner Startup VYTAL konnte in diesem Jahr mit seinem digitalen Mehrwegsystem für Take-Away, Delivery und Convenience Food den mit hochkarätigen Führungspersönlichkeiten wie Lionel Souque (REWE Group) und Torsten Toeller (Fressnapf) gespickten Startup-Beirat des Wissenschaftspreises vollends überzeugen. Nach dem Gewinn erfreut sich VYTAL über Leistungen im Wert von 50.000 Euro von EHI Stiftung und GS1 Germany und tritt an die Handelsgastronomie nachhaltig zu verändern. Im Interview berichten die beiden Gründer Sven Witthöft und Dr. Tim Breker über ihre bisherigen Erfahrungen.

Was genau macht VYTAL und wie kam die Idee zustande?

VYTAL betreibt Deutschlands erstes digitales und pfandloses Mehrwegsystem für Essensverpackungen. In unseren vorherigen Jobs haben wir selbst immer viel Essen bestellt oder mitgenommen. Für kleine Teams von 3 Leuten reicht ein normaler Büromülleimer da schon gar nicht mehr aus, um den Verpackungsmüll nur einer Mahlzeit zu entsorgen. Auf der Suche nach einer Lösung war schnell klar, dass es uns nicht an Mehrwegbehältern mangelt, nur sie sind nie dort, wo man sie gerade braucht. Daher warten unsere VYTAL Mehrwegschalen am Point-of-Sale auf den Kunden, der sie dann ähnlich wie beim Scooter-Sharing per App kostenlos ausleihen kann. Unser digitaler, datenbasierter Ansatz mit Smart Labels auf den Verpackungen ist die Wachablösung für das deutsche Pfandsystem, da er Mehrweg so einfach und bequem macht wie Einweg – nur besser: mit höherwertigen, funktionaleren und umweltfreundlicheren Verpackungen sowie Zusatznutzen für Inverkehrbringer und Konsumenten. Statt mit Pfand motivieren wir die Rückgabe über das Freemium Preismodell für Konsumenten, Öko-Nudging und Incentives, mit denen wir bereits höhere Rücklaufquoten sowie schnellere Rückgaben erzielen als das deutsche Flaschenpfandsystem. So können wir für jeden unserer Partner eine Abrechnung pro Befüllung (Packaging-as-a-Service) anbieten, den Öko-Impact genau quantifizieren und über das Gesamtsystem die Auslastung der VYTAL Schalen und damit den Umwelteffekt maximieren.

Wie profitiert der Handel bzw. die Handelsgastronomie von VYTAL?

Unsere Partner aus dem Handel und der Gastronomie profitieren durch Einsparungen von Verpackungsmüll und -kosten. Zudem machen sie sich unabhängig von der ansteigenden Regulierung von Einwegverpackungen und gewinnen eine zahlungskräftige, nachhaltigkeitsorientierte Kundschaft für sich. Wir bekommen regelmäßig die Rückmeldung, dass unsere Partner über unsere App neue Kunden gewinnen und ihre bestehenden Kunden häufiger kommen, weil sie ihre VYTAL Leihschale im Durchschnitt innerhalb von 3-4 Tagen wieder zurückbringen. Zukünftig werden wir auch die Daten unseres Systems noch besser für die Partner nutzbar machen, z.B. für Vorhersagen oder Verhaltensanalysen sowie Angebote und Coupons für die schnelle Rückgabe.

Viele Gastronomien mussten in der Corona-Krise schließen und sind nach wie vor in einer schwierigen Lage. Wie habt Ihr die Situation bislang erlebt?

Als in den letzten zwei Märzwochen viele unserer VYTAL Partner geschlossen haben und die Situation insgesamt von großer Unsicherheit geprägt war, haben wir in einem internen Hackathon innerhalb weniger Tage unter www.supportyourlocalgastro.de ein Unterstützer-Portal für Gastronomen umgesetzt, das Online-Essensbestellungen provisionsfrei an unsere Partner und andere Gastronomen vermittelt hat. So konnten wir zumindest einigen Gastronomen helfen, die Umsatzrückgänge einzudämmen. Nach Ostern hat sich dann aber ziemlich schnell ein echter „Run“ auf die VYTAL Mehrwegschalen eingestellt, da Mitnahme- und Lieferessen auch für Gastronomen relevant wurden, für die es vor Corona gar keine Option war. Die VYTAL Schalen bieten im Vergleich zu Einwegverpackungen ein deutlich besseres Essgefühl und mehr Funktionalität (auslaufsicher, temperaturbeständig, mikrowellen- und gefrierschrankfest), sodass gerade Gastronomen mit hohen Ansprüchen zu unseren Partnern geworden sind. Seit März konnten wir unser Netzwerk von 25 auf über 125 Gastro- und Handelspartner mehr als verfünffachen. Das zeigt aus unserer Sicht, dass wir mit unserem bequemen und pfandfreien Mehrwegsystem eine echte Alternative geworden sind und die Zeit reif ist, die enge Verbindung von To-Go Food und Verpackungsmüll zu trennen.

Wie reagiert der Handel bzw. die Handelsgastronomie auf Euer Angebot?

Das Feedback und die Anfragen aus dem Handel unterstützen diesen Eindruck. Von den großen Handelsketten bis zu Bioläden und Händlern mit Bistro oder mit Unverpackt-Gängen ist die Nachfrage nach VYTAL sehr groß. Dass Einweg keine zukunftsfähige Verpackungslösung ist und dass wir als Gesellschaft in vielen Anwendungsbereichen Alternativen anbieten müssen, scheint bei immer mehr Entscheidern anzukommen. Mit VYTAL sind wir auf einem sehr guten Weg die bisherige Komplexität von (Pfand-)Mehrwegsystemen aufzulösen. Egal, ob an der Salattheke oder im Unverpackt-Gang, die Kassenprozesse verlangsamen sich nicht und auch die Abläufe im Markt werden nicht gestört.

Ihr habt in diesem Jahr den Wissenschaftspreis der EHI Stiftung und GS1 Germany in der Kategorie Bestes Startup gewonnen. Was bedeutet Euch der Gewinn?

Der Gewinn des Wissenschaftspreises war eine riesengroße Anerkennung für uns und gleichzeitig die Chance, VYTAL in den Handel zu bringen. Wir konnten enge Kontakte zu Entscheidern und Experten aus dem Handel aufbauen und auch mit einem gewissen Standing in die Gespräche gehen. Der offene Austausch und das Feedback, das wir so immer wieder zu VYTAL bekommen haben, hat uns geholfen, Herausforderungen besser zu verstehen und Lösungen zu finden, die im Markt funktionieren. Wir sind sehr dankbar für die Auszeichnung sowie für die Aufmerksamkeit und Unterstützung, die wir dadurch erhalten haben.

 

Wie genau das System von VYTAL funktioniert und welche Vorteile es gegenüber anderen Verpackungslösungen hat, zeigt auch ein Beitrag des WDR. Hier geht es zum Bericht.