Johannes Wollenburg im Interview

Mit seiner Dissertation über Omnichannel Handelslogistik stand Johannes Wollenburg auf der Shortlist des Wissenschaftspreises 2018. Heute arbeitet er für den Poolingspezialisten Chep und macht Paletten am POS fit für die Kommunikation mit dem Kunden.

Sie waren 2018 für den Wissenschaftspreis nominiert und haben es auf die Shortlist gebracht. Inwiefern hat die Nominierung Ihren beruflichen Werdegang gefördert?

Es hat mich natürlich sehr gefreut, dass meine Dissertation auf Anklang gestoßen ist. In der Phase der Promotion fließt schon ein großer Teil der Freizeit in dieses Projekt. Eine Nominierung seitens des Doktorvaters und die Auswahl der Jury für die Finalrunde, in der das Thema noch einmal präsentiert wird, ist auch eine Wertschätzung der Arbeit. Außerdem kann man sie nochmals vor einem Gremium aus Theoretikern und Praktikern Revue passieren lassen. Es gibt direktes Feedback und neben den Stärken wird auch die ein oder andere Schwachstelle aufgedeckt an der man in zukünftigen (Forschungs-)Projekten arbeiten kann.

Insbesondere die Preisverleihung im Anschluss ist eine sehr gute Möglichkeit für Networking. Man kommt sowohl mit der Jury als auch den anderen Gästen ins Gespräch und ich konnte einige Weggefährten aus meiner Forschungszeit wiedertreffen. Außerdem ergab sich beispielsweise aus der Nominierung auch ein Vortrag beim diesjährigen Innovation Day der GS1 auf der mein Thema, dankenswerterweise, im Publikum beim Science Slam auf großes Interesse gestoßen ist.

Wie ist es nach der Promotion für Sie weitergegangen?

Nach der Station bei einer strategischen Unternehmensberatung im Bereich Consumer Goods & Retail bin ich nun beim Poolingspezialisten Chep in Deutschland für den Bereich Last Mile Solutions verantwortlich und treibe die Themen Innovation, Internet-of-Things (IoT) und Omnichannel in diversen Projekten voran.
Ich denke jedoch auch gerne an meine Zeit an der Universität zurück und versuche, mich sowohl durch Publikation in akademischen Zeitschriften als auch durch ein paar Gastvorlesungen als Lehrbeauftragter in Deutschland und Frankreich zu betätigen. Das Thema Omnichannel begleitet mich hierbei weiterhin.

Stichwort Omnichannel: Inwieweit spiegelt sich das Thema Ihrer Dissertation in Ihrer Arbeit bei Chep wider?

In meiner Dissertation ging es auch um Möglichkeiten der Kundensteuerung über die Kanäle im Omnichannel Handel. Ein Bereich den ich in Deutschland bei Chep verantworte, ist unser neu gelaunchter Service „Smart Promotions“. Hier statten wir die Chep Viertelpalette, als Standardladungsträger für Promotions im deutschen Lebensmitteleinzelhandel, mit einem BLE-Beacon aus, und machen die Palette so fit, mit dem Endkunden am POS zu kommunizieren. Die Promotionsware auf dem Ladungsträger wird mit dem Beacon verknüpft und so ist nachvollziehbar, welches Produkt sich auf der Palette befindet und über welches Produkt der Beacon spricht. Die Promotions, die auf der Fläche des Händlers stehen, können nun mit dem Smartphone des Endkunden interagieren und beispielsweise eine Nachricht ausspielen, wenn er am Produkt vorbeiläuft. Dies wird häufig unter dem Begriff „Location Based Services“ oder „Proximity Marketing“ zusammengefasst. Wir bieten hierfür die physische Infrastruktur, an der viele Beacon-Projekte vormals gescheitert sind. Das Ausspielen von Nachrichten, Coupons, Informationen oder ähnlichem kann über Händler-, Hersteller- oder Loyalitätsprogramm-Applikationen erfolgen. Mit Payback haben wir diesen Service in Deutschland erfolgreich getestet und konnten große Abverkaufssteigerungen und Neukundengewinnungen nachweisen. Eine klassische Omnichannel Lösung, die sowohl für Handel, Industrie als auch Endkunden viele Vorteile bietet und die sich in meiner Dissertation im Bereich der Kanalaussteuerung wiederfindet.

Was denken Sie: In welchen Bereichen ist der Handel besonders auf die Expertise von Akademikern angewiesen und in welchen Bereichen wird der Bedarf zukünftig noch steigen?

An der Universität wird man im Allgemeinen nicht unbedingt auf eine Karriere in der Praxis vorbereitet. Dennoch gibt es einige Felder, die sich gut mit praktischen Tätigkeiten kombinieren lassen.
Neben den großen Schlagwörtern wie KI und Maschine Learning werden aus meiner Sicht insbesondere gut ausgebildete Akademiker mit einem quantitativen Schwerpunkt im Bereich der Analyse von großen, empirisch erhobenen Datenmengen in Zukunft immer mehr gefragt sein – nicht nur im Handel. Wenn bei einem Kandidaten dann auch noch der entsprechende „Business Sense“ dazu kommt, stehen Unternehmen Schlange. Mittelfristig können Auswertungen von Daten partiell durch Systeme analysiert werden – diese Ergebnisse aber auch zu interpretieren, obliegt vorerst dem Menschen. Der Handel wird zukünftig seine Entscheidungen viel mehr auf Grundlage von ausgewerteten Daten treffen, als sich auf ein „Bauchgefühle“ zu verlassen – auch auf der Fläche im Markt.

„Daten sind das Öl des 21. Jahrhunderts“ – sie aber nur zu besitzen reicht nicht aus, die richtigen Schlüsse aus Verbindungen zu ziehen, ist entscheidend. Stichwort aus der Uni-Zeit: „Korrelation ist nicht gleich Kausalität“. Dafür braucht es die entsprechenden Mitarbeiter.

(Inga Köster)

Mit seiner Dissertation über Multi- und Omnichannel Handelslogistik kam Dr. Johannes Wollenburg auf die Shortlist und wurde für den Wissenschaftspreis 2018 nominiert. Seit dem Abschluss seiner Promotion hat Wollenburg Karriere gemacht und verfolgt auch weiter das Thema Omnichannel – heute bei dem Logistik-Unternehmen Chep, das sich auf das Pooling von Paletten spezialisiert hat. Er ist Projektleiter in der Konzeption und Umsetzung ganzheitlichen Supply Chain Lösungen für Industrie und Handel als Manager Last Mile Solutions (LMS).